Griechisches Altertum Wunder Rätsel gw-02
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PYTHAGORAS
(im Rätselschatz auf Blogspot Com)
Mathematik als Wissenschaft
Auszüge aus dem ersten Kapitel aus : Von Pythagoras bis Hilbert
von Egmont Colerus
(im Rätselschatz auf Blogspot Com)
Mathematik als Wissenschaft
Auszüge aus dem ersten Kapitel aus : Von Pythagoras bis Hilbert
von Egmont Colerus
Teil 2
Quelle: Egmont Colerus, Von Pythagoras bis Hilbert, Die Epochen der Mathematik und ihre Baumeister, Geschichte der Mathematik für jedermann, 1948, Paul Zsolnay Verlag, Berlin, Wien, Leipzig.-o-o-o-
"Auch das Zweistromland des Euphrat und Tigris, das jetzt eben von den Persern beherrscht wird, ist uraltes Kulturland. Sumerer und Akkadier, Assyrier und Babylonier haben hier gedacht, gekämpft, geackert, einander vernichtet und sich miteinander vermengt.
Und alle haben sonderbare Keilschriftzeichen in Tontäfelchen geritzt. Ganze Magazine voll. Und auf Tausenden und Abertausenden dieser Täfelchen wurde gerechnet. Das letzte Ziel der Rechnungen aber ist hier, mit Ausnahme praktischer Dinge des Geldwesens, ja sogar der Transportversicherung, nicht so sehr auf die äußere Gestaltung gerichtet gewesen wie im Lande Ägypten.
Hier, in Babylon und rundum im Zweistromland, richtet man seinen Blick zum Himmel. Die Chaldäer sind die besten Astronomen der bekannten Welt. Sie berechnen Verfinsterungen der Sonne und des Mondes voraus, prüfen und bestimmen den Kalender und wissen sehr genau Bescheid um die Winkel, unter denen die Gestirne erscheinen und untertauchen, und um die Bahnen,, die von den Planeten durchlaufen werden.
Sie betreiben die sphärische Trigonometrie, die Winkelmesskunde auf der Kugel, in der Hohlkugel des Firmamentes. Sie haben den Kreis in dreihundert sechzig Grade geteilt, sie benützen ein Ziffernsystem mit der Grundzahl 60 und meistern selbst schwierige, groß zahlige Berechnungen, ja sogar Quadrat-,und Kubikzahlen.
Vielleicht stehen sie auch mit ihren östlichen Nachbarn, den Indern, und den fernsten Nachbarn, den Chinesen, in Verbindung?
Wir wollen da nicht Märchen ersinnen. Wir wissen bloß, dass die Inder in ungeheuren Zahlen schwelgen, dass sie eigene Worte für Zahlen besitzen, die an das Unvorstellbare grenzen.
In ihrem uralten Epos Mahabharatam ist von 24 mal 10 hoch 15 Göttern die Rede und Gautama Buddha soll 600.000 Millionen Söhne gehabt haben.
Ein Volksmärchen aber, das wir am Markt von Benares erlauschen, berichtet, dass einst in grauer Vorzeit eine Affenschlacht stattfand, an der 10 hoch 40 Affen teilgenommen haben.
Was ist das wohl für eine Zahl?
Jahrtausende später hat man berechnet, dass diese Affen nicht in einer Hohlkugel Platz hätten, deren Durchmesser gleich dem Durchmesser des ganzen Sonnensystems (der Neptunbahn) wäre.
Gläubig sind sie, großzügig und phantastisch, diese alten Inder. Trotz oder infolge dieser zügellosen Geistigkeit entdecken sie jedoch eine Wahrheit nach der ändern.
Und sie kennen auch ähnliche Künste wie die Seilspanner (Harpedonapten) des Nillandes. Nur ist ihr Musterdreieck zur Erzeugung des rechten Winkels nicht das nächst liegende mit dem Seitenverhältnis 3, 4 und 5, sondern ein Dreieck der Seiten 5, 12 und 13. Mit diesem 'Werkzeug' nun stecken sie die Grundrisse von Altären ab, deren Form manchmal etwa einem aus Dreiecken, Rhomben und Quadraten zusammengesetzten Adler gleicht.
In der Zeit aber, durch die wir fliegen, rechnen auch fleißige Chinesen mit 'Rechenbrettern', bei denen Kügelchen auf Drähten aufgereiht sind.
Und ganz fern im Westen hält das amerikanische Reich der hoch zivilisierten Majas, ohne Zusammenhang mit all den bisher von uns besuchten Völkern, Staat und Verwaltung, Handel und Kalender mit gut erdachten Ziffersystemen in bester Ordnung.
An den Ufern des Mittelmeeres aber ist ein großes Werden und eine wunderbare Geburt im Gange. Auf den Inseln, die wie im Traum in heiteren blauen Wassern liegen, an deren Hängen glühender Wein reift, und auf dem Festland, in der Rosenstadt Milet, erfasst eine unentrinnbare Sehnsucht Einzelne.
Die Sieben Weisen Griechenlands stehen plötzlich vor den erstaunten Augen der Mitwelt, und einer dieser Weisen ist Thales von Milet.
Gut, die Landsleute halten ihn schon als Jüngling für ein großes Licht des Geistes und des Wissens. Er aber hat Kunde vernommen von tieferer, älterer, klarerer Weisheit. Und er besteigt ein Schiff und fährt in die Welt. Dorthin, wo höchster Preis winkt.
Im Delta des Nils liegen griechische Siedlungen. Dort stehen hellenische Hilfstruppen den Pharaonen zu Diensten. Kein Wunder, dass sich Thales in diesen Landstrich begibt. Freundlich und väterlich wird er von ägyptischen Priestern unterwiesen. Beileibe nicht im Geheimwissen. Man zeigt ihm eben, wie man einfache Dinge misst und berechnet.
Thales aber gerät in einen Rausch des Erkennenwollens. Sein Geist beginnt zu rasen. Und die Priester Ägyptens erstaunen nicht so sehr über das Ergebnis der Entdeckungen des Thales als vielmehr über die sonderbare, ihnen fremde Anschauungs- und Verallgemeinerungskraft, mit der der junge Hellene die Aufgaben anpackt.
Er steht im Wüstensand zu Füßen der großen Pyramiden. Ein Priester Ägyptens fragt ihn lächelnd, wie hoch wohl die Pyramide des Königs Chufu (die Cheops-Pyramide) sei.
Thales überlegt.
Dann antwortet er, er werde die Höhe nicht schätzen, sondern messen. Ohne jedes Werkzeug, ohne Hilfsmittel.
Und er legt sich in den Sand und bestimmt die eigene Körperlänge. Was er vorhabe, fragen ihn die Priester. Er aber erklärt: „Ich werde mich einfach ans eine Ende dieser gemessenen Länge meines Körpers stellen und warten, bis mein Schatten genau so lang ist, wie meine Körpergröße.
In eben demselben Augenblick muss auch die Schattenlänge der Pyramide eures Chufu (oder wie wir Hellenen sagen, des Cheops) genau so viele Schritte messen, wie die Pyramide hoch ist."
Als der Priester, verblüfft von der unvorstellbaren Einfachheit der Lösung, noch nachsinnt, ob da nicht irgendein Trugschluss, ein Fehler vorliegen könnte, spricht Thales schon weiter:
„Wenn ihr aber wollt, dass ich euch diese Höhe zu jeder beliebigen Stunde messe, dann werde ich diesen Wanderstab hier in den Sand stecken.
Seht, sein Schatten ist etwa halb so kurz wie der Stab selbst.
Folglich muss eben jetzt auch der Schatten der Pyramide etwa die Hälfte ihrer Höhe messen. Ihr seid ja geschickt genug, die Messung sehr genau durchzuführen. Ihr habt dann bloß die Stablänge mit der Schattenlänge zu vergleichen, um durch Teilung oder Vervielfachung des Pyramidenschattens die Höhe des Bauwerks zu ermitteln."
In dieser Art setzt Thales von Milet die Ägypter in Staunen. In seiner Vaterstadt aber misst er sogar die Entfernung von Schiffen, die draußen auf der See fahren.
Nur einen Visierwinkel braucht er dazu und die Höhe seines Standortes über dem Meeresspiegel: Er arbeitet mit der Ähnlichkeit von Dreiecken und hat die einfachsten 'Verhältnisse' und 'Proportionen' in den Kreis seiner Betrachtungen einbezogen.
Das ist aber noch durchaus nicht alles.
Er hat viel Tieferes entdeckt, viel Folgenschwereres.
Er weiß nämlich bereits, dass der Winkel im Halbkreise, jener Winkel also, dessen Schenkel durch die Endpunkte eines Durchmessers laufen und dessen Scheitel im Umfang des Halbkreises liegt, jederzeit ein rechter Winkel ist.
Mit dieser Erkenntnis hat er ein Tor geöffnet, durch das in der Zukunft, und zwar schon in naher Zukunft, viel Neues einströmen sollte. Wir wollen es aber nicht bei dieser Andeutung bewenden lassen, sondern unseren Weltflug unterbrechen und deutlich sagen, was wir meinen.
Wenn ein Mann vom geistigen Range eines Thales einmal gesehen hat, dass sich über einer und derselben Hypotenuse im Halbkreise unzählig viele rechtwinklige Dreiecke bilden lassen, dann ist es fast verwunderlich, dass er sich nicht eine weitere Frage nach der Beziehung vorgelegt hat, in der die Katheten zueinander und zu ihrer gemeinsamen Hypotenuse stehen.
Insbesondere, da ja als fast sicher anzunehmen ist, dass er in Ägypten vom Dreieck mit dem Seitenverhältnis 3, 4 und 5 gehört hat.
Oder hat Thales dort nichts von solchen Dreiecken erfahren?
Wir haben keine nähere Kenntnis davon. Es steht nur fest, dass Pythagoras von Samos ein Schüler desselben Thales von Milet war.
Und was die Nennung dieses Namens in eben diesem Zusammenhang bedeutet, dürfte jedem klar sein, der nur die einfachsten Anfangsgründe der Geometrie kennt.
Wir werden aber gleichwohl darüber später eingehender sprechen. Allerdings erst, nachdem wir unseren Weltflug noch ein wenig fortgesetzt haben."
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