20070601

Griechisches Altertum Wunder Rätsel gw-05

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PYTHAGORAS
(im Rätselschatz auf Blogspot Com)
Mathematik als Wissenschaft

Auszüge aus dem ersten  Kapitel aus : Von Pythagoras bis Hilbert
von Egmont Colerus

Teil 5

Quelle: Egmont Colerus, Von Pythagoras bis Hilbert, Die Epochen der Mathematik und ihre Baumeister, Geschichte der Mathematik für jedermann, 1948, Paul Zsolnay Verlag, Berlin, Wien, Leipzig.
Für dieses Blog mit PC-Text Korrektur aktualisiert von Transitenator.
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"Nun scheint dieser Auslegung wieder die pythagoreische Geheimhaltung zu widersprechen. Sie bezog sich aber doch nicht auf alles, sondern vorwiegend auf Methoden und ungesicherte Ergebnisse.

Die großen Entdeckungen wurden auch damals der Öffentlichkeit übergeben mit Ausnahme von Resultaten, die nur zu mystischen Kultzwecken gesucht wurden oder die nach Ansicht der Pythagoreer eher dem Verfall als dem Aufbau der Wissenschaft dienen konnten.

Sei dem aber auch wie immer: die Tatsache ist nicht aus der Welt zu schaffen, dass selbst eine zum Teil geheimgehaltene Wissenschaft etwas anderes bedeutet als bloß praktische Regeln. Und wir wollen jetzt zusehen, in welchem Sturmschritt die Entdeckungen schon bei ihrem ersten Vertreter griechischen Stammes vorstießen.

Hatte noch ein Thales von Milet, der wohl ursprünglich Kaufmann gewesen ist und sich erst im höchsten Alter der Mathematik hingab, den großen Übergang zur wahren Wissenschaft mehr geahnt als ausgeführt, so verband sich in Pythagoras all das, was sein Lehrer Thales wusste, mit den Ergebnissen seiner Studienreisen sofort zu einer ganzen Reihe bahnbrechender Errungenschaften.

Als erste dieser Neuerungen wollen wir die bekannteste besprechen, den sogenannten pythagoreischen Lehrsatz, ohne den eine Mathematik im weiteren Sinne überhaupt nicht zu denken ist. Wir wollen nicht allzuweit vorgreifen, aber wir müssen doch hier schon andeuten, daß ohne diesen Lehrsatz kaum irgendein Zweig der Geometrie und darüber hinaus der auf Geometrie fußenden höheren Mathematik sich hätte ausbilden können.

Jedermann weiß, wie dieser Lehrsatz lautet, weiß, daß in jedem, rechtwinkligen Dreieck das Quadrat über der dem rechten Winkel gegenüberliegenden Seite (der Hypotenuse) gleich ist der Summe aus den Quadraten über den beiden anderen Dreieckseiten, den sogenannten Katheten.

Die von Schopenhauer aufgeworfene Frage, warum diese Beziehung bestehe, ist wie alle derartigen Fragen nicht zu beantworten.

Man kann in hundert Arten beweisen, dass es so ist. Das 'Warum' bleibt, ein Mysterium. Die Eigenschaften einer geometrischen Figur liegen eben in ihrem Wesen, im Begriff der Figur, den wir selbst gebildet haben. Solche Fragen sind ebenso sinnlos wie die Fragen, ob es in 'Wirklichkeit' rechte Winkel geben kann.

Es 'gibt', streng genommen, in einer derart aufgefassten 'Wirklichkeit' überhaupt keine Winkel, da sich unendlich dünne Linien und vollständig ausdehnungslose Scheitelpunkte in einer materiellen Welt nicht manifestieren können.

Alle Gebilde der Geometrie existieren nur in unsrem Kopfe, sie sind ein Geisterreich, das seine Gesetze, unabhängig von der äußeren Erfahrung, in sich selbst trägt, das aber ebendeshalb als Reich reiner Formen, an jede beliebige 'Wirklichkeit' angelegt, Geltung besitzen und behalten muss.

Die Sätze über das Dreieck gelten für ein Dreieck aus Fixsternen ebenso hundertprozentig wie für ein Dreieck aus Holz, Metall, Stein oder Brotteig.
Sie gelten aber auch für ein Dreieck aus Zahlenlinien. Doch das nur nebenbei.

Pythagoras hatte also als erster den Satz für jedes Dreieck ausgesprochen, der bisher in Ägypten bloß für das Seitenverhältnis 3, 4, 5 (somit 3 hoch 2 und 4 hoch 2 = 5 hoch 2 oder 9 + 16 = 25) und in Indien für die Seiten 5, 12 und 13 (somit 5 hoch 2 und 12 hoch 2 = 13 hoch 2 oder 25 + 144 = 169) bekannt war.

Und dazu für seine Umkehrung, von der man in Ägypten und Indien eigentlich ausgegangen war. In diesen beiden Ländern hatte man, wie wir wissen, gesagt, ein rechter Winkel entstehe (oder ein rechtwinkliges Dreieck liege vor), wenn die Seiten in dem und dem Verhältnisse ständen.

Pythagoras sagt umgekehrt: In jedem rechtwinkligen Dreieck, also in jedem und jedem aller überhaupt möglichen rechtwinkligen Dreiecke, verhielten sich die Seiten in dem schon oben geschilderten quadratischen Verhältnis der Gleichheit von Summe der Kathetenquadrate mit dem Hypotenusenquadrat.

Wenn manfrau weiters etwa als Konstruktionsbehelf den Satz des Thales von Milet heranzieht, dann könnte man über einer und derselben Hypotenuse alle die unendlich vielen rechtwinkligen Dreiecke zeichnen, die ihre Scheitelpunkte im Kreisumfang haben müssen.
 
Wie verschieden diese Dreiecke nun auch aussehen, stets wird das Quadrat über dem Kreisdurchmesser flächengleich sein der Summe der Quadrate über den beiden Seiten, die je einen Umfangspunkt des Halbkreises mit den Endpunkten des erwähnten Durchmessers verbinden.

Und wir glauben, dass es auch einem Skeptiker jetzt klar sein muss, wie weit sich dieses vollständig allgemeine Gesetz von den an sich brauchbaren und richtigen Einzelfällen der ägyptischen und indischen Geometrie unterscheidet.

Vor allem ist der Satz des Pythagoras, obgleich er ein wirkliches Messen erst ermöglicht, durchaus unabhängig von jeder eigentlichen konkreten Maßgröße.
 
Er ist Ursprung und Ausgangspunkt und nicht Folge oder Ergebnis der Messung.

Das bis dahin primitive 'Werkzeug' ist gleichsam zur universell anwendbaren Maschine geworden.

Und manfrau, darf jetzt ruhig die Frage aufwerfen, wie groß etwa die Hypotenuse sein müsse, wenn wir die beiden Katheten a = 5 und b = 7 kennen.
Die Summe a hoch 2 ("a zum Quadrat") und b hoch 2 ist in konkreten Zahlen hier 5 hoch 2 und 7 hoch 2 = 25 + 49 = 74, somit ist das Hypotenusenquadrat gleich 74.

Nun ist aber diese Zahl keine Quadratzahl, hat keine ganzzahlige 'Wurzel', denn 8 hoch 2 = 64 und 9 hoch 2 schon 81. Also eine sicherlich sehr ernste Schwierigkeit, auf die wir an dieser Stelle noch nicht naher eingehen wollen.

Pythagoras suchte daher sofort nach einem Weg, beliebig viele Zahltriaden, also Zahldreiheiten. zu gewinnen, für die unter der Bedingung a hoch 2 und b hoch 2 ist gleich c hoch 2 alle drei Zahlen a, b und c stets ganze Zahlen wären.

Für ungerade Zahlen fand er selbst die Formel, für gerade wurde sie erst Jahrhunderte später von seinem großen Schüler Platon aufgestellt.

Die pythagoreische Lösung lautet, modern geschrieben, wenn a eine ungerade Zahl ist und dieses a als a = 2n + l dargestellt wird, für b = 2 n hoch 2 plus 2 n und für die Hypotenuse c = 2 n hoch 2 plus 2n + 1.
Also für a = 9 etwa oder a = 2 mal 4 plus l ist b = 2 mal 4 hoch 2 plus 2 mal 4 = 40 und c = 2 mal 4 hoch 2 plus 2 mal 4 plus 1 = 41.

Tatsächlich ist 9 hoch 2 + 40 hoch 2 = 41 hoch 2 oder 81 + 1600 = 168l
(Des Interesses halber sei hier bereits die platonische Formel für gerade Ausgangszahlen, vorweggenommen. Sei 2n eine gerade Zahl, dann ergeben sieh die drei Seiten als 2n, (n hoch 2 + l) und (n hoch 2 — 1) also etwa für 2n = 8 die andern Seiten 17 und 15. Also 8 hoch 2 + 15 hoch 2 = 17 hoch 2 oder 64 + 225 = 289)."

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